Schlemihls und Priesterinnen
Von Israel Shamir
Männer kämpfen und sterben tatsächlich für
schöne Frauen: Sir Lancelot für Königin Ginevra, Tristan kam
wegen Isolde zu Schaden aber befriedigte beider Leidenschaft.
Andere starben bei dem Versuch, sie wurden besungen oder
betrauert. Aber ein Kerl, der für ein Mädel stirbt, das er
sowieso nicht bekommen kann – verdient Spott. Heinrich Heine,
dieses Genie der Ironie, pflegte solch ein armes Opfer
„Schlemihl“ zu nennen; oder Shlomiel in modernem Hebräisch,
Schlimazl in Jiddisch. Der ursprüngliche Shlomiel wurde aus
Versehen umgebracht bei einem Kampf um ein hübsches Moabitisches
Mädchen (Numeri, 25:6), und seitdem wurde sein Name zur
Synekdoche
für einen Tölpel, der nie eine Chance hatte. In solch einem Tod
liegt keine Ehre: wenn ein israelischer Mann Angst vor etwas
hat, dann ist es, für einen Tölpel gehalten zu werden.
Der
gutaussehende amerikanische Soldat Pat Tillman, der in
Afghanistan getötet wurde und von seinem Bruder betrauert
wird (Bild links), starb wie ein Tölpel für eine afghanische
Frau, die ihn nie um seine Hilfe gebeten hatte. Er war nicht
alleine: viele Amerikaner, Briten und Tausende von Afghanen
wurden getötet, um die afghanische Frau von ihrem Hidschab oder
Tschador oder Burka oder BH zu befreien. Vergessen Sie den 11.
September: ohne die anhaltende Kampagne „die
afghanische Frau zu befreien“, wären Tausende
von afghanischen Frauen heute nicht Witwen. Es ist sehr einfach,
für den Krieg in Afghanistan die Ölgesellschaften verantwortlich
zu machen, Pat Robertson und seine Evangelisten, Richard Perle
und seine Zionisten. Aber lasst uns doch mal einigen liberalen
Feministinnen und politisch korrekten Meinungsmachern die
wohlverdiente Ehre erweisen: Die Republikaner des rechten
Flügels mögen zum Krieg drängen, soviel sie wollen – die Truppen
werden erst marschieren, wenn die Demokraten des linken Flügels
zustimmen. Während die erstgenannten Befehle von Bankern und
Geschäftsleuten entgegennehmen, werden die letzteren von
liberalen Feministinnen beherrscht.
Die ersten
amerikanischen Bomben trafen Afghanistan am 7. Oktober 2001,
zehn Tage vorher jedoch, am 28. September 2001, schrieb
die nette Kolumnistin Polly Toynbee von der netten britischen
Zeitung Guardian:
„Etwas Schreckliches
huscht über den Hintergrund in Szenen aus Afghanistan, flitzt
aus dem Bild. Da ist es, ein kurzer blauer oder schwarzer Blitz,
ein grotesker Schrei, 1, 2 und 3 personifiziert – eine Frau. Die
Von-Kopf-bis-Fuß Burka mit ihrem unheimlichen, stickigen kleinen
Sehschlitz ist mehr als ein Instrument der Schikane. Es ist ein
öffentliches Teeren und Federn von weiblicher Sexualität. Es
verwandelt jede Frau in ein Objekt der Besudelung, das zu
unberührbar ekelhaft ist, als dass man es sehen könnte. Es ist
ein Gewand von gespenstischer sexueller Zweideutigkeit: was für
ein zügelloser Wunsch und Erwünschtheit lauert und schielt hier
anzüglich unter ihre dunklen Geheimnisse? Indem es Frauen zum
Objekt macht, verwandelt es sie in sich duckende Kreaturen, die
Gewalt und Opfer-Sein fordern und erwarten. Vergessen Sie
kulturelle Empfindlichkeiten.“
Genau. Vergiss
kulturelle Empfindlichkeiten – bombardier sie einfach. Wann
immer Sie einen afghanischen Gefangenen in dem Guantanamo-Käfig
sehen, wann immer sie eine afghanische Witwe oder eine Waise
sehen, malen Sie sich ein Schild aus, auf dem steht:
„Gefälligkeit von Verteidigern der sexuellen Freiheit
muslimischer Frauen: Polly Toynbee, Hillary Clinton, et al.“ Es
war nicht ihr erster Sieg; unser Freund Ken Freeland schrieb,
dass „während des NATO-Kriegs gegen Jugoslawien die
Feministinnen viel mehr darüber besorgt waren, ob Frauen zu
Kampftruppen zugelassen werden würden, als wegen der
Ungerechtigkeit des Krieges.“ Ich bezweifle, dass die
Afghanistan-Invasion und die nachfolgende im Irak passiert
wären, wenn diese liberalen Feministinnen, die den hohen
moralischen Standpunkt in den USA einnehmen und ihre unter dem
Pantoffel stehenden amerikanischen und britischen Männer die
Kriegshunde nicht losgelassen hätten. (Ich glaube auch, dass die
Ehrlichen unter ihnen mittlerweile ihre mangelndes Bewusstsein,
manipuliert zu werden, bereuen.)
Warum sollte ich Sie
jetzt an diese große feministische Heldentat erinnern? Weil die
Priesterinnen jetzt auf neue Opfer aus sind. Sie sind dabei, Sie
in Tölpel zu verwandeln und iranische und israelische Frauen in
Witwen, indem sie die schäbigem Affaire des israelischen
Präsidenten Moshe Katzav benutzen. Die volle Macht ihrer
Propagandamaschinerie arbeitet rund um die Uhr und schilt den
russischen Präsidenten Putin aus dafür, dass er angeblich Katzav
beneidet, der „10 Frauen vergewaltigt hat.“ Putins wahres
Verbrechen war seine standhafte Weigerung, den
israelisch-amerikanischen Plan der Sanktionen und Atomschläge
gegen den Iran zu unterstützen. Der israelische
Premierminister Ehud Olmert ging nach Moskau, um sich dafür
einzusetzen und kam ohne ein einziges ermutigendes Wort zurück.
Der russische
Präsident steht unter heftigem Druck durch den Westen. Man will,
dass er amerikanischen und britischen Konzernen die Ölfelder von
Sachalin gibt, für Sanktionen im Sicherheitsrat stimmt, Iran und
Nordkorea eine Blockade auferlegt. Wenn er nicht nachgibt und an
seinen Weigerungen festhält, wird sein Name besudelt werden.
Erinnern Sie sich an die vorangegangene Warnung, die Putin an
seinem Geburtstag bekam: Anna Politowaskaja, eine prowestliche
Journalistin und Putin-Gegnerin wurde in Moskau ermordet. Ihr
Einfluss in Russland war so stark wie meiner in Israel – will
heißen, nah bei null. Doch Putin wurde als der Mörder
hingestellt und rufgemordet.
John Laughland
fand heraus, dass „alle
[mainstream] Zeitungen
unterstellten, dass Frau Politowskaja von Verbündeten des
russischen Präsidenten umgebracht worden war, weil sie die
Wahrheit über den Tschetschenien-Krieg berichtet hatte.“ Die
Financial Times schrieb: „Im weiteren Sinne trägt Herr Putin
Verantwortung für die Schaffung einer Atmosphäre, in der solche
Morde geschehen können, durch den langjährigen Angriff des Kreml
auf die unabhängigen Medien.“ Die Washington Post
behauptete derweil, „es ist gut möglich, ohne irgendeine
Detektivarbeit auszuführen, zu sagen, was letztlich
verantwortlich für diese Tode ist: es ist das Klima der
Brutalität, was unter Herrn Putin gediehen ist.“ Laughland
stellt richtig fest, dass der linksgerichtete Guardian
seine Kräfte zusammenschließt mit dem rechtsgerichtete Daily
Telegraph, um Putin wegen diesem Mord anzugreifen und er
kommt zu dem Schluss: „Politowskajas Ermordung ist für den
Westen eindeutig von Vorteil.“
Diese Warnung kam nicht als Blitz aus heiterem
Himmel. Schon früher hatte sich Putin durch das provokative
Verhalten des georgischen Präsidenten Saakaschwili dazu genötigt
gesehen, einige hundert illegale georgische Immigranten
abzuschieben – einige hundert aus der halben Million von
Georgiern, die in Zentralrussland wohnen. Dies war weit entfernt
von den Massenabschiebungen von Mexikanern oder Haitianern durch
die USA, aber prowestliche Medien in Russland stellten es als
„rassistische Säuberung“ dar.
Kippa: „Ich bin ein Georgier“
Ein prominenter
Moskauer, ein russisch-israelischer Staatsbürger und ergebener
Zionist, Anton Nosik (seine Firma Sup.ru erwarb kürzlich die
Internet Resource LiveJournal, Russlands größte mit 600.000
Benutzern) erschien sogar mit einer Kippa, auf der die Worte
„Ich bin ein Georgier“ (das ist er nicht) aufgestickt waren, und
er beschrieb die Abschiebung als Putins „Kristallnacht“.
Der provokante Kunsthändler Marat Guelman (dessen Gallerie
entweihte Ikonen zu Schau stellte und eine „Fotokollage“ von
Putin und Bin Laden) behauptet, er sei geschlagen worden, weil
er georgische Kunst ausgestellt habe. Sein Fall wurde bald von
der New York Times aufgegriffen. Am 4. November
ist ein Treffen nationalistischer Kräfte in Russland geplant.
Es halten sich Berichte, dass westliche und zionistische Agenten
Unruhestifter bezahlen, um Zerstörung anzurichten.
Dies ist der
Hintergrund zu den neuen Angriffen auf Putin, jetzt durch die
liberalen Feministinnen. Laut ihrer Version, sagte Putin:
„Was für ein mächtiger Mann [Katzav] doch ist! Er
vergewaltigte 10 Frauen – ich würde das nie von ihm vermutet
haben. Er überraschte uns alle – wir beneiden ihn alle!“ Dies
wurde angeblich zufällig mitangehört von einem Kommersant
Zeitungsreporter. (Diese Zeitung ist Eigentum des Oligarchen
Berezowsky, einem heftigen Putin-Gegner.) Anna Shulik, eine
Korrespondentin des israelischen Kanal 9 nahm jedoch eine etwas
andere Version von Putins Kommentar auf und strahlte diese aus:
„Grüße an ihren Präsidenten. Er überraschte uns alle. Wir
beneiden ihn alle.“ Das Schlüsselwort „vergewaltigen“,
welches Jovialität in Vulgarität verwandelt, gibt es auf der
Aufnahme gar nicht.
Und das ist nicht zufällig. Es gibt keinen
Zweifel daran, weder Herrn Putins noch meiner Meinung nach, dass
der israelische Präsident Katzav, niemanden vergewaltigt hat im
reinen Sinne des Wortes, was auch immer die Polizei über ihn
sagt. Tatsächlich erhielt Katzav die Unterstützung eines
strengen höchsten Gerichts von führenden Rabbis, und (außerhalb
des israelisch-arabischen Kontextes) sind diese Männer
vertrauenswürdig. Der israelische Präsident hatte vermutlich
eine Affaire zuviel mit einer willigen Monica. Während die
amerikanische Affaire fast ein Amtsenthebungsverfahren von
Clinton verursacht hatte, ging ihre israelische Schwester,
nachdem ihre erpresserische Forderung („200.000 $ sind doch ein
Klacks für dich, Süßer...“) vom sparsamen Katzav abgelehnt
worden war, direkt an die Kehle. Israelisches Gesetz, genau wie
amerikanisches, erlaubt es einer Frau, sogar Jahre später einen
Mann wegen Vergewaltigung zu verklagen. Dies ist weit entfernt
von der biblischen Definition: eine Frau ist dann vergewaltigt
worden, wenn sie sich die Lunge aus dem Leib geschrieen hat und
sofort zu Meldung des Übergriffs geschritten ist. Wenn sie nach
Hause gegangen ist und sich entschied, erst in einigen Tagen
oder Wochen Meldung zu machen, ist es keine Vergewaltigung.
Kein Schrei, keine sofortige Meldung, -- keine Vergewaltigung,
kein anstößiger Vorschlag, keine sexuelle Belästigung, gar
nichts.
Die Bibel hat recht:
ohne diese Bedingung ist jeder Mann ohne Ausnahme Geisel einer
Vergewaltigungsanklage. Postkoitale Nicht-Zustimmung ist kein
Spaß, dass musste ein anderer Sepharde, General Itzik Mordechai
erkennen, der dem Gipfel der Macht nahe gekommen war. Erst wurde
er wegen Vergewaltigung angeklagt, nachdem er seine Anklägerin
entlarvt hatte, fand die Polizei eine andere Frau, die angeblich
von dem General fünf Jahre vorher vergewaltigt worden war, und
seine Bewerbung um das Amt des Premier wurde zum Entgleisen
gebracht.
„Sie wehrte ihn heftig
ab, kratzte, brüllte, schrie, sie würde eher sterben als sich zu
ergeben, aber der Kavalier schenkte ihren Worten keine Beachtung
und nahm sie. Danach lächelte sie schüchtern und sagte ihm:
‚Denke nicht, lieber Kavalier, dass Sie mich gegen meinen Willen
eroberten. Danken sie lieber unserem guten Prediger, der mich
daran erinnert hat, das wir sterblich sind und ein Vergnügen,
das wir heute verpassen, ist auf immer verpasst. Nun können wir
fortfahren, denn ich habe schon zu viele Vergnügungen versäumt,
weil ich zu vorsichtig zu meinem eigenen Guten war.’“ Diese
politisch inkorrekte Fabel von Anatole France (Nobelpreis 1921),
sollte noch mal von liberalen Feministinnen gelesen werden:
nehmt den Frauen nicht ihr Recht weg, zu widerstehen (und
einzuwilligen) wie es ihr Schamgefühl verlangt.
Ich bin nicht
überrascht, dass der Angriff auf „Putin, der Bewunderer des
Vergewaltigers“, von den Mainstream-Medien aufgegriffen wurde.
Denn sogar die extrem alternative PrisonPlanet.com, so
antizionistisch und anti-Krieg sie auch daherkommen, schlossen
sich dem wilden Getümmel an. Sie verstehen noch nicht, was schon
von antiwar.com und anderen verstanden worden ist: wenn man den
Krieg vermeiden will, sind Russland und China unser sicherster
Wetteinsatz. Sie sind weder von Engeln bewohnt noch regiert,
aber sie können Israel und die USA stoppen, den Iran atomar
anzugreifen.
Fasst sie sachte an,
sonst werden Mengen von Iranern und Israelis wie Tölpel sterben
– teils, weil eine kleine Sekretärin mit dem Codenamen „A“ ihre
Meinung geändert hat, teils, weil zwei Männer ihre Meinungen
gesagt haben, teils wegen der feministischen Dominierung der
Medien, und nach allem, besonders wegen den Herren des Diskures
und ihrer herrlichen Fähigkeit zu erreichen, was sie wollen,
indem sie mit unseren Ängsten und Wünschen spielen.
Die Folgen der
Katzav-Affaire gehen jedoch weit über das hinaus, was die
Karriere eines israelischen Politikers betrifft. Mir ist es
schnuppe, wer den ruhmreichen aber machtlosen Posten eines
Präsidenten innehat. Es ist wichtig, den Riss zwischen Männern
und Frauen zu heilen; weil unsere körperliche Vereinigung eine
wundervolle Sache ist und sie entspricht der Verkündigung Mariä,
da sie Geist und Fleisch erschafft. Kabbala-Lehrer bestanden auf
der Vereinigung mir seiner Frau am Abend des Sabbat, da durch
diese sympathetische Magie der männliche und weibliche Aspekt
Gottes veranlasst werden kann, sich zu verbinden. Sitra Ahra,
der Böse, versucht die himmlische Hochzeit zu stören, indem er
den spirituellen Aspekt der Mann-Frau Beziehung behindert, und
die einfachste Art ist die, Zweitracht zwischen Man und Frau zu
säen. So bringen viele Maßnahmen, die von liberalen
Feministinnen gefördert werden, diese Zwietracht hervor.
Nach einigen gut
veröffentlichten Gerichtsverfahren wegen „Vergewaltigung“ und
„sexueller Belästigung“ sind so viele Männer – und speziell
erfolgreiche Männer – mit Frauen argwöhnisch geworden.
Heutzutage haben Frauen Konkurrenz bekommen von Seiten der
homosexuellen Gemeinde und diese Konkurrenz gewinnt an Boden.
Junge Leute sind natürlicherweise noch unbestimmt wie
Kaulquappen, was ihr Geschlecht angeht. Das Bewerben von
homosexueller Gleichstellung an Schulen könnte ihre Orientierung
ändern. Darüber hinaus hat diese Suche nach Gleichberechtigung
eine neue Verzerrung hervorgebracht: Kein Hausbesitzer traut
sich mehr einen schwulen Mieter abzuweisen – aus Furcht vor
Schmach und einer Klage – dagegen weisen sich ohne weiteres
Familien mit Kindern ab. Schwule haben mehr Einkommen zur
Verfügung und weniger Verantwortung.
Ich bin nicht besorgt
darum, dass die menschliche Vermehrung aufhören wird; aber der
Böse sollte mächtig Gefallen an den Ergebnissen haben: Männer
und Frauen sind auseinandergedriftet. Damit dieser Trend
umgekehrt werden kann, ist es notwendig, die Gesetze zu ändern
und das Damokles-Schwert von „Vergewaltigung“ und „Belästigung“
abzuschaffen. Selbige Worte sollten uns das bedeuten, was sie
schon unseren Großeltern bedeuteten, ein so schweres Vergehen,
dass die angegriffene Frau es sofort dem Übeltäter und der
ganzen Welt klar machen wird. Normale Frauen und Männer sind
reif für einer Revolte gegen ihre feministischen Priesterinnen.
Übersetzung:
Friederike Beck
Empfohlen zu lesen:
Wer tötete Anna
Politowaskaja?
Von John Laughland,
11.10.2006
In C.S. Lewis’ Science
Fiction Dystopia, That Hideous Strength (Jene scheußliche
Stärke, Anm. d. Übers.), hat die Geheimorganisation, die den
Staat kontrolliert, Agenten auf allen Seiten des politischen
Spektrums, die in Zeitungen schreiben, um ihre Macht mit dem
Anschein von Pluralität zu verkleiden. Im Westen von heute
dagegen, scheint sogar der Anschein von Pluralität aufgegeben
worden zu sein.
Der Mord an der
russischen Journalistin Anna Politowskaja am 7. Oktober wurde
mit der monolithischen Einmütigkeit aufgenommen, die jetzt das
Kennzeichen der sogenannten freien Presse im Westen geworden
ist. Der rechtsgerichtete Daily Telegraph widmete am 9.
Oktober ihrem Mord einen Leitartikel, dessen erster Satz der
war:
„Menschen bezahlen
manchmal mit ihrem Leben, weil sie laut aussprechen was sie
denken“, das sagte Anna Politowskaja letztes Jahr von Vladimir
Putins Russland.
Am gleichen Tag
veröffentlichte der linksgerichtete Guardian einen
Leitartikel über ihre Ermordung. Dessen erster Satz las sich so:
„Menschen bezahlen
manchmal mit ihrem Leben, weil sie laut aussprechen was sie
denken“, sagte Anna Politowskaja einer Konferenz über
Pressefreiheit letzten Dezember.
Die gesamte britische,
amerikanische und westeuropäische Presse rühmte Politowskaja als
„eine von Russlands mutigsten und brillantesten Journalisten“ (The
Guardian), „eine der wenigen Stimmen, die es wagte, der
Partielinie zu widersprechen“ (The Daily Telegraph), „eine
Fackel für die Freiheit“ (The Independant), „die
berühmteste investigative Journlistin in Russland“ (The Times),
„eine der mutigsten Journalisten in Russland“ (The New York
Times), „ein Opfer von seltener Courage“ (The Washington
Post). Alle diese Zitate stammen aus den Leitartikeln, die
jede Zeitung für wert erachtete, ihrem Tod zu widmen. In
Wirklichkeit war Politowskaja völlig unbekannt in Russland. Die
Reaktion eines reichen russischen Geschäftsmannes, der in
Brüssel am Abend ihres Mordes dinierte war typisch:
„Politowskaja? Nie von
ihr gehört.“
Politowskaja ähnelt in
dieser Hinsicht einem anderen ermordeten russisch sprechenden
Journalisten mit Verbindungen in den Kaukasus, Georgij Gongadse,
der ukrainische Bürger mit georgischem Familiennamen, dessen
Mord im Jahr 2000 von den USA instrumentalisiert worden war, mit
einem Versuch, den damaligen ukrainische Präsidenten, Leonid
Kuchma, da hineinzuziehen. Politowskaja war nicht ganz so
unbekannt wie Gongadse: er unterhielt nur eine web-site (obwohl
dies bedeutete, dass, wenn er nach Washington DC reiste, er von
der Staatssekretärin Madeleine Albright empfangen wurde),
wogegen die Zeitung, für die Politowskaja arbeitete, die
Novaja Gasjeta, eine Auflage von 250.000 Stück hatte. Das
ist jedoch noch nicht viel in einem Land von beinahe 150
Millionen Einwohnern und sicherlich nicht genug, den
übertriebenen Lobpreis zu rechtfertigen, mit dem sie posthum
überhäuft wurde.
Die Medien in
Großbritannien und Amerika wetteiferten miteinander, die Schuld
für den Mord geradewegs an Herrn Putins Tür abzulegen. Die
Financial Times verkündete, dass
„im weiteren Sinne
trägt Herr Putin Verantwortung für die Schaffung einer
Atmosphäre, in der solche Morde geschehen können, durch den
langjährigen Angriff des Kreml auf die unabhängigen Medien.“
Die Washington Post
behauptete pompös, dass
„es gut möglich ist, ohne irgendeine
Detektivarbeit durchzuführen, zu sagen, was letztlich
verantwortlich ist für diese Tode: Es ist das Klima der
Brutalität, das unter Herrn Putin gedieh.“
Alle Zeitungen
deuteten an, dass Frau Politowskaja von Verbündeten des
russischen Präsidenten umgebracht worden war, weil sie die
Wahrheit über den Krieg in Tschetschenien berichtet hatte. Ihrer
Ansicht nach ist Russland eine Quasi-Diktatur, die keine
abweichende Meinung duldet, und sie illustrierten dies, indem
sie -- obschon in merkwürdig vagen Worten -- auf eine Anzahl
von anderen Journalisten hinwiesen, die Opfer ähnlicher
Auftragsmorde geworden waren.
An diesem Punkt können
wir unseren Finger fest auf die Seite legen und rufen: „Lügner!“
Einige dieser Artikel enthielten flüchtige Hinweise auf den
letzten Journalisten, der in Moskau umgebracht worden ist, der
amerikanischer Herausgeber des Forbes magazine, Paul
Klebnikow, aber keiner kümmerte sich darum, die zusätzliche
Schlüsselbemerkung hinzuzufügen, dass niemand jemals behauptet
hatte, dass die russische Regierung Klebnikow hatte umbringen
lassen. Im Gegenteil:
Während Politowskaja
eine militante Putin Gegnerin war, war Klebnikow ein militanter
Olicharchen Gegner. Er schrieb ein brillantes Buch über Boris
Beresowsky -- eines der informativsten Bücher über Russlands
„Übergangszeit“ in den 1990ern. Darin beschuldigt er Beresowsky
des Mordes und Hand in Hand mit tschetschenischen Drogenbossen
und Gangstern zu arbeiten – und er veröffentlichte eine Serie
von Interviews mit einem der Führer der tschetschenischen
Separatisten, welche er undiplomatischerweise mit dem Titel
„Gespräche mit einem Barbaren“ überschrieb. Für seine Bemühungen
wurde er mit einer Kugel in seinem Kopf belohnt. Als er starb
gab es keine Lobgesänge auf seine Kühnheit und seinen Mut in der
westlichen Presse, obwohl er ein Amerikaner war, denn Klebnikow
hatte sein Leben hingegeben, um zu beweisen, dass die Politik
des Westens in Russland aufgebaut ist auf einer Allianz mit
Schwerkriminellen und dass die „Geschäftsleute“, die der Westen
als Freiheitskämpfer preist – Beresowsky hat politisches Asyl in
Großbritannien – in Wirklichkeit eine Bande von gewissenlosen
Mördern ist.
Im Gegensatz zu sowohl
Klebnikow als auch Politowskaja gibt es einen ermordeten
russischen Journalisten, von dem alle Russen gehört hatten als
er starb – und dessen Name völlig unbekannt im Westen ist – Vlad
Listjew.
Als er unter den
Kugeln der Mörder am 1. März 1995 fiel, war Listjews Russlands
populärster Talkshow-Master und einer der Menschen, denen man im
Land am meisten vertraute – ein wirklicher Fernsehsuperstar. Er
war gerade Direktor von Russlands Hauptfernsehkanal geworden,
dem ORT (jetzt Kanal 1). Trotz Listjews ungeheurer Berühmtheit
erwähnten die westlichen Medien seinen Mord nie als ein Beispiel
für die Gesetzlosigkeit und Intoleranz des damaligen Präsidenten
Boris Jeltzin in der Weise, wie sie jetzt Putin angreifen. Das
kommt zweifellos daher, dass – um den netten Euphemismus von
Wikipedia zu benutzen – „Als Listjew die
Mittelsmänner-Werbeagenturen vom Geschäft ausschloss, beraubte
er viele korrupte Geschäftsleute der Quelle für enorme Profite.“
In sauberem Englisch bedeutet dies, dass die meisten Russen
glauben, dass Listjew entweder von Boris Beresowsky umgebracht
worden ist -- der die Kontrolle über den ORT direkt nach der
Ermordung Litjews übernahm und größtenteil deswegen, oder von
Vladimir Guzinskij, einem rivalisierenden Fernsehmagnaten, der,
wie Beresowsky, ein Jetzin-Ära Oligarch ist und jetzt im Exil
lebt. Der einzige westliche Journalist, der tatsächlich offen
diskutierte, ob der Auftrag, Listjew zu ermorden, von Beresowsky
gekommen war, von Gusinsky oder Beresowskys Verbündetem, dem
Werbemogul Sergej Lisowsky, war, seltsam genug, Paul Klebnikov.
Politowskajas Kollegen
bei der Nowaja Gasjeta schließen berüchtigte
pro-amerikanische Kommentatoren ein, wie den „unabhängigen
Moskauer Verteidigungsanalytiker“ Pawel Felgenhauer, der auch
als Kolumnist für die Jamestown foundation arbeitet. Der
Direktor jener Stiftung, Glen Howard, ist leitender Direktor des
amerikanischen Komitees für Frieden in Tschetschenien, einem
Neon-Con Verein, der für eine politische Einigung mit den
Terroristen eintritt in dieser Provinz des Nordkaukasus der
Russischen Föderation. Dies mag erklären, warum man nur eine
Meinung über Politowskaja in den westlichen Medien finden kann.
Zu gleichen Zeit findet sich im Gegensatz dazu im angeblich
diktatorischen Russland selbst eine riesige Bandbreite
unterschiedlicher Meinungen über ihre Ermordung. Die Theorien,
die jetzt in Moskau zirkulieren, schließen folgende ein
(abgesehen von der Behauptung, dass die russische Regierung oder
die tschetschenischen Behörden verantwortlich waren):
Rache der korrupten
Polizei, die sich einem Haftbefehl konfrontiert oder im
Gefängnis sahen als Folge ihres Sensationsjournalismus; eine
Verschwörung von Gegnern des russischen Präsidenten und des
tschetschenischen Premierministers Ramsan Kadyrow, um diese in
Miskredit zu bringen; Rache von ehemaligen tschetschenischen
Milizen; ein Mord, der ausgeführt wurde von
russisch-nationalistischen Gegnern Putins (ihr Name war auf der
Todesliste verschiedener Neonazi-Gruppen); eine politische
Provokation mit dem Ziel, die tschetschenischen Behörden in
Miskredit zu bringen oder zu etwas Bewegung in dieser unruhigen
Provinz aufzustacheln; oder eine Verschwörung von Gegenern
Russlands aus der früheren Sowjetrepublik Georgien, mit der
Moskau seit einiger Zeit in einem wilden diplomatischen Streit
ist. Picken Sie sich was heraus – aber die schiere Vielzahl von
Meinungen straft die Behauptung Lügen, das Politowskaja eine
monolithische Medienmaschinerie bekämpft hat, die von der
Regierung kontrolliert ist.
Unter den vielen
geäußerten Ansichten waren kaum eine prägnanter als diese hier
von einem Kommentator für Lentacom.ru.
Die Ermordung
Politowskajas bringt dem Westen eindeutige Vorteile. Die
vergangenen Monate brachten massives, nicht offizielles scharfes
Vorgehen gegen Russland. Nehmen Sie die Versuche, die Ukraine in
die NATO zu ziehen. Nehmen Sie die „intensiven Dialoge“ der
Allianz mit Georgien. Nehmen Sie das für Russland sehr
demütigende Verhalten von Saakaschwili, Präsident von Georgien,
was sicherlich mit dem Westen abgesprochen worden war.
Theoretisch lenkt die Ermordung von Politowskaja ab von Georgien
und baut westlichen Druck gegen Russland auf, etwas, das für das
heutige Georgien nur von Nutzen sein kann. Ich glaube jedoch,
dass diejenigen, die dieses Verbrechen in Auftrag gaben,
globaler sind. Es gibt momentan keine Beweise, dass jemand im
Westen direkte Anordnungen gegeben hat. Es steht jedoch außer
Zweifel, dass der Westen ein direkter Nutznießer ist.
Man muss diese
Verschwörungstheorie nicht glauben oder irgendeine der anderen.
Jedoch, wenn man Russe ist, muss der Nachrichtenkonsument eine
großer Anzahl verschiedener Ansichten in Betracht ziehen, alle
waren vom einfachen Russen leicht zu bekommen, indem er die
Zeitung kaufte oder durch das Internet. Im Westen dagegen wird
selbst der emsigste Verschwörungstheoretiker Schwierigkeiten
haben, irgendetwas anderes zu finden, als die vorgegebene
Richtung: Putin war’s. Was sagt Ihnen das nun über den Zustand
des politischen und des Medien-Pluralismus im Westen?
Übersetzung: Friederike Beck
|